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Hintergrund und Ziele des Projekts

Bei der Planung von Bauteilen aus Beton und der Anwendung von Zementestrichen kommt es aktuell zu zwei Fragestellungen, die es erforderlich machten, die Feuchtespeicherung und den Feuchtetransport in zementgebundenen Baustoffen genauer zu untersuchen.

Verschiedentlich wurde berichtet, dass sich das Trocknungsverhalten von Estrichen mit CEM II-Zementen (Portlandkompositzementen) und CEM III-Zementen (Hochofenzementen) von Estrichen mit Portlandzementen unterscheide und die Trocknung bis zur Belegreife in manchen Fällen länger als bei Estrichen mit Portlandzement dauere. Estrichleger neigen daher aktuell z. T. dazu, auf die Anwendung von CEM II- und CEM III-Zementen zu verzichten und stattdessen auf Portlandzemente zurückzugreifen. Im vorliegenden Forschungsprojekt sollte der Einfluss der Zementart auf das Trocknungsverhalten von zementgebundenen Estrichen systematisch untersucht werden. Es sollte insbesondere verifiziert werden, ob die Verwendung von CEM II- und CEM III- Zementen tatsächlich das Trocknungsverhalten von Zementestrichen beeinflusst.

 

Die Untersuchungen zum Trocknungsverhalten von Zementestrichen und Zementstein zeigten Folgendes:

  • Estrichmörtel mit Hochofenzementen wiesen nach einer Lagerung von bis zu einem halben Jahr im Klima 20°C/65% r. F. höhere Feuchtegehalte (CM-Feuchte und mittels Ofentrocknung bei 105°C bestimmter Massenanteil der enthaltenen Feuchte) auf als Estriche mit anderen Zementarten (Bild 1).
  • Zementsteine mit Hochofen- und Portlandhüttenzementen zeigten bei Lagerung in den Klimata 20°C/65 % r. F. und 40°C/30% r. F. deutlich geringere Massenverluste und beim Klima 20°C/65 % r. F. bereits nach wenigen Wochen Massenkonstanz, d. h. es wurde keine weitere Baustofffeuchte in die Umgebung abgegeben.

Der Ausgleichsfeuchtegehalt von Estrichen mit Hochofenzement ist bei üblich vorherrschenden relativen Luftfeuchten höher als der von Estrichen mit Portlandzement. Daher kann ein Maximalwert für den Feuchtegehalt, der anhand des Trocknungsverhaltens von Estrichen mit Portlandzement definiert wurde, z. B. bei Verwendung eines Hochofenzements möglicherweise nicht unterschritten werden. Gleichzeitig sind die Masse und Geschwindigkeit des zu erwartenden weiteren Feuchteverlusts, die letztlich entscheidend für das mögliche Auftreten von Schäden an Fußbodenkonstruktionen sind, i. d. R. bei der Verwendung von Hochofenzementen geringer als bei Estrichen z. B. mit Portlandzement. Die aufgrund des Trocknungsverhaltens bestehenden Vorbehalte bei Hochofenzementen und einigen Portlandkompositzementen erscheinen damit unbegründet.

In einem Nachfolgeprojekt soll überprüft werden, ob eine Messung und Bewertung der relativen Luftfeuchte in Zementestrichen zu einer Beurteilung der Belegreife führt, die den Charakteristika verschiedener Zementarten hinsichtlich Ihres Porengefüges und ihrer Sorptionsisothermen besser Rechnung trägt als die derzeit ermittelten Feuchtegehalte im Zementestrich, ausgedrückt in CM- oder Massen-%.

Wenn Betonbauteile im Brandfall hohen Temperaturen ausgesetzt sind, kann es zum Abplatzen von Betonstücken kommen. Besondere Bedeutung haben hierbei die sogenannten explosiven Abplatzungen, bei denen sich Betonstücke schlagartig von den betroffenen Bauteilen lösen und mit lauten, explosionsartigen Geräuschen fortgeschleudert werden. Dieses Thema rückt zum einen durch die vermehrte Verwendung von hochfesten Betonen, zum anderen aber auch durch Regeln in der [DIN EN 1992-1-2] zur Tragwerksbemessung im Brandfall in den Fokus. In der Norm ist angegeben, dass explosive Betonabplatzungen unwahrscheinlich sind, „wenn der Feuchtigkeitsgehalt des Betons weniger als k Gew.-% beträgt“, wobei k auf nationaler Ebene festzulegen ist. Ein Wert von 3,0 Gew.-% wird in der Norm empfohlen; im deutschen nationalen Angang wurde k = 4,0 Gew.-% festgelegt.

Systematische Untersuchungen zum Einfluss verschiedener Betonzusammensetzungen und Umgebungsbedingungen auf den Feuchtegehalt und die Feuchteverteilung in Betonbauteilen lagen bislang nicht vor. Die Vorhersage des in hohem Maße von der gewählten Betonrezeptur und den Umgebungsbedingungen abhängigen Feuchtigkeitsgehalts in Betonbauteilen war daher in der Regel nur sehr eingeschränkt möglich. Es erschien erforderlich, im vorliegenden Forschungsvorhaben zu untersuchen, welche Feuchtegehalte und -verteilungen bei Betonen verschiedener Zusammensetzungen bei üblichen Umweltbedingungen typischerweise vorliegen. Gleichzeitig sollte überprüft werden, welchen Einfluss die Betonzusammensetzung und der Feuchtegehalt des Betons auf das Auftreten von Abplatzen beim Erhitzen von Beton haben können.

Im vorliegenden Forschungsprojekt wurden typische Umgebungsbedingungen rechnergestützt simuliert und der hieraus resultierende Feuchtegehalt im Beton mit einer geeigneten Software berechnet. Als Eingangsgröße für die Simulationen wurden die Materialparameter

  • Feuchtespeicherfunktion/Sorptionsisotherme,
  • Wasserdampfdurchlässigkeit sowie
  • Wasseraufnahmekoeffizient

für Betone verschiedener Zusammensetzungen experimentell bestimmt.

 

Als Ergebnis der Berechnung des gekoppelten Wärme- und Feuchtetransports zeigte sich, dass sich im Inneren von Betonbauteilen nach mehreren Jahren eine weitestgehend konstante relative Luftfeuchte einstellt, die der mittleren vorherrschenden relativen Luftfeuchte der Umgebung entspricht. Nur die Feuchte der äußeren ca. 2,5 bis 5 Zentimeter eines Betonbauteils wird maßgeblich von Schwankungen des Klimas im Jahresverlauf beeinflusst (Bild 2). Je dichter der Beton ist, desto geringer ist die Randzone, die durch Klimaschwankungen beeinflusst wird.

Die relative Luftfeuchte, die sich im Bauteilinneren einstellt, entspricht

  • für Innenbauteile bei typischen Raumklimabedingungen rd. 50 %
  • für ungedämmte Bauteile bei typischen Außenklimabedingungen (D) rd. 75 % bis 80 % , falls die Bauteile Regen ausgesetzt sind, auch höher.

Mit Hilfe der im Projekt bestimmten Sorptionsisothermen der Betone konnte den relativen Feuchtegehalten der entsprechende Feuchtegehalt in Gew.-% über die Bauteildicke zugeordnet werden. Dies ermöglicht die Überprüfung, ob k Gew.-% bei den vorliegenden Klimabedingungen überschritten wird und somit nach [DIN EN 1992-1-2] explosive Abplatzungen wahrscheinlich sind. Die Betone des Versuchsprogramms zeigten im Außenklima nach Einstellung konstanter relativer Feuchten im Kern durchschnittliche berechnete Ausgleichsfeuchten in der Größenordnung von 3,5 bis 6,0 %. Im Raumklima erreichten einige Betone nach Einstellung konstanter rel. Luftfeuchten im Kern durchschnittliche Ausgleichsfeuchten von 2,0 bis 4,5 %. Tendenziell gilt: Betone mit einem geringen Kapillarporenanteil haben bei Raumklimabedingungen höhere Ausgleichsfeuchten.

 

Zur Untersuchung des Verhaltens der Betone beim Erhitzen und eines möglichen explosiven Abplatzens wurde ein Versuchsaufbau gewählt, der zum ersten Mal von Kalifa [Kal 2000] beschrieben und seitdem von vielen Wissenschaftlern verwendet wurde. Hierbei wird die Oberfläche eines Betonkörpers mit den Abmessungen 30 cm x 30 cm x 12 cm mit elektrischen Heizstrahlern erhitzt. Der Versuch wird in einigen Quellen als „PTM-Versuch“ bezeichnet, da die Änderung von Porendruck, Temperatur und Masse bestimmt wird. Die Versuche zum explosiven Abplatzen von Beton im Brandfall führten zu folgenden Ergebnissen:

  • Hohe Porendrücke waren im vorliegenden Forschungsprojekt nicht die Hauptursache für das Auftreten von explosivem Abplatzen von Beton.
  • Während andere Wissenschaftler mit dem durchgeführten „PTM-Versuch“ den Porendruck, die Temperatur und die Masse von Probekörpern aus Beton beim Erhitzen dokumentierten, aber kein Abplatzen feststellten, wurde im vorliegenden Forschungsvorhaben über eine Modifikation des Versuchs (Aufbringen einer Druckbelastung) in mehreren Fällen explosives Abplatzen beobachtet (Bild 3). Das Aufbringen von Drucklasten ist folglich entscheidend für das Auftreten von Abplatzen im PTM-Versuch.
  • Explosives Abplatzen trat auf bei hochfesten Betonen sowie bei normalfesten Betonen mit Hochofenzement (CEM III/A) und Portlandflugaschezement (CEM II/B-V). Im Vergleich zu anderen Betonen im Versuchsprogramm weist der Zementstein dieser Betone einen geringeren Kapillarporenanteil und einen größeren Gelporenanteil auf.

Auf Grundlage der eigenen Beobachtungen und Erkenntnissen aus der Literatur wurden Hypothesen zur Ursache des explosiven Abplatzens im Forschungsprojekt aufgestellt. Diese Hypothesen und der relative Beitrag der vermuteten Phänomene zum Abplatzen sollen in einem nachfolgenden Forschungsvorhaben untersucht werden.

[DIN EN 1992-1-2]
Deutsches Institut für Normung, DIN 2010-12. Eurocode 2: Bemessung und Konstruktion von Stahlbeton- und Spannbetontragwerken - Teil 1-2: Allgemeine Regeln - Tragwerksbemessung für den Brandfall

[Kal 2000]
Kalifa, P. et al.. Spalling and pore pressure in HPC at high temperatures. Cement and Concrete Research 2000, 30, S. 1915-1927

Förderer

Das IGF-Vorhaben 17928 N der Forschungsvereinigung VDZ gemeinnützige GmbH – VDZ Technology gGmbH, Toulouser Allee 71, 40476 Düsseldorf wurde über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert.

Ihr Ansprechpartner

Haben Sie Fragen zu diesem Projekt?

Dr. Christoph Müller
Betontechnologie

(0211) 45 78-351
bte@vdz-online.de

Vielen Dank für Ihr Interesse an unserer Publikation:

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